DIE KARTOFFELDÄMPFANLAGE IN STÖCKSE
EIN EINZIGARTIGES KULTURDENKMAL

Z u r   G e s c h i c h t e   d e r   D ä m p f a n l a g e


Die Kartoffeldämpfanlage in Stöckse hat eine mehr als 60-jährige Geschichte.

Entstehung

Die Dämpfanlage in dem rund 1.400 Einwohner zählenden Ort im Landkreis Nienburg/Weser im Herzen Niedersachsens war früher keine Seltenheit. In Deutschland gab es viele Anlagen dieser Art. In der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts war es üblich, durch das „Dämpfen“, also das Garen von Kartoffeln in größeren Behältern stärkereiches Futter für die Schweinemast zu gewinnen. In den 1950er Jahren hatten viele kleine Höfe auf dem Land eigene kleine Kessel auf ihrer Diele, in denen sie ihre Futterkartoffeln kochten. Mit zunehmenden Viehbeständen kamen dann zunächst mobile Dampfkessel auf Ackerwagen in Gebrauch, die von Hof zu Hof zogen und ihren Dienst verrichteten. Doch infolge des Wirtschaftsaufschwungs nach dem Krieg und dem einhergehenden Aufschwung in der Landwirtschaft reichte auch das bald nicht mehr aus. Es entstanden vielerorts ortsfeste Dämpfanlagen mit deutlich größerer Kapazität. Allein im Landkreis Nienburg waren mindestens sechs Anlagen in Betrieb.

Die Stöckser Dämpfanlage in den 1980er Jahren: Damals war sie noch in Betrieb.

Die Dämpfanlage in Stöckse hat der Landwirt Heinrich Kuhlmann 1962 auf seiner Hofstelle gebaut, gemeinsam mit einem Anlagenbetreiber aus einem Nachbarort. Hersteller war die – heute nicht mehr bestehende – Firma Bruns aus Bad Zwischenahn. Die Anlage nahm am 24. August 1962 ihren Betrieb auf. Die Kartoffeldämpferei war ein saisonaler landwirtschaftlicher Nebenerwerb. Die Anlage war jährlich vom Beginn der Kartoffelernte ab Ende August über einige Monate bis maximal Mitte Dezember in Betrieb.

 Typenschild der Herstellerfirma Bruns, Bad Zwischenahn.

 Bedeutung der Anlage

Die hohe Zeit der Kartoffeldämpferei lag in den 1960er Jahren. Damals erhielten die Landwirte kurzzeitig sogar eine staatliche Prämie, wenn sie ihre Kartoffeln zum Dämpfen brachten. Doch mit zunehmender Verbreitung industriell gefertigten Kraftfutters nahm die Bedeutung der Dämpfanlagen stetig ab. Nach und nach wurden sie stillgelegt und abgerissen oder sie verfielen. So vergrößerte sich der Einzugsbereich der Stöckser Anlage kontinuierlich. Am Dämpfen interessierte Landwirte nahmen immer weitere Wege auf sich. Sie kamen zuletzt aus einem Umkreis von über 50 Kilometern bis aus dem Raum Soltau oder Minden. Mit einem Treckergespann mit ein oder zwei Anhängern war dies eine langwierige Hin- und Rückfahrt.

1996 stellte dann auch die Stöckser Anlage als vermutlich letzte ihren Betrieb ein. Im Gegensatz zu vergleichbaren Objekten dieser Art blieb sie jedoch stehen. Der letzte Betreiber Heinrich Kuhlmann jun. hat lediglich einzelne, für Kinder potenziell gefährliche Teile wie die Wasserbecken für das Waschwasser zurückgebaut. In dieser Form ist der wesentliche Teil der Anlage über die Jahre erhalten geblieben.

Hinweisschild an der Hauptstraße

Inzwischen hat die Stöckser Dämpfanlage eine besondere kulturhistorische Bedeutung, denn nach Erkenntnissen des Landesamtes für Denkmalpflege ist sie die letzte noch erhaltene Anlage ihrer Art in ganz Deutschland. Seit Juni 2009 ist sie deshalb als Denkmal landwirtschaftlicher Industriekultur anerkannt und in das Denkmalverzeichnis des Landes aufgenommen worden.